Es gibt eine Zeit vor Corona und es gibt eine während und hoffentlich auch eine danach. Dieser Umbruch in der Wirtschaft hat zur Folge, dass sehr viele Prozesse neu gedacht werden müssen. Diese Krise zeigt uns, dass bei den Beförderungen schon vor Corona Nachholbedarf bestanden hat, es jetzt aber zur Top-Priorität geworden ist. Weshalb? Der Advance & HSG Gender Intelligence Report (GIR) ist zwar noch nicht veröffentlicht, aber trotzdem möchten wir einige Erkenntnisse mit Ihnen teilen.
Betrachtet man die Beförderungen, so wird deutlich, dass der Aufstieg nach wie vor auf die männliche Normalbiographie (Vollzeitpensum, keine Karriereunterbrüche, oft in der gleichen Branche) ausgerichtet ist und sich entsprechend negativ auf die Aufstiegs- und Entwicklungschancen der Frauen auswirkt. Werden mehrheitlich Mitarbeiter*innen im Alter zwischen 31 und 40 Jahren und mit Vollzeitpensum befördert, werden Frauen (solange eine traditionelle Rollenverteilung überwiegt) immer deutlich benachteiligt sein, weil sie in dieser Lebensphase in der Tendenz ihr Arbeitspensum reduzieren und aufgrund von Mutterschaft eher von Karriereunterbrüchen betroffen sind. Ganz aktuell wird sich dieser Graben noch vertiefen, da Frauen wegen der Krise ihre Pensen stärker als Männer reduziert haben und sich deshalb weniger sichtbar machen konnten.
Es ist daher zentral, dass Unternehmen auf mehr Altersbalance bei den Beförderungen setzen und sicherstellen, dass auch Mitarbeitende über 40 Jahre (insbesondere gut qualifizierte Frauen) Teil von Entwicklungsmassnahmen und Potenzialbeurteilungsgesprächen sind. Dafür braucht es entsprechende Zielvorgaben und eine Transparenz in Bezug auf die Alters- und Geschlechterzusammensetzung von Talentpools und eine inklusive Talentdefinition, welche grundsätzlich alle Mitarbeitenden als Talente anerkennt und ihre Weiterentwicklung im Fokus hat.
Bei der Rekrutierung und Beförderung insbesondere ins mittlere und obere Kader sollten zudem die gängigen Anforderungskriterien kritisch hinterfragt werden: Obwohl die Führung von Teams und Organisationseinheiten in erster Linie generalistische Fähigkeiten wie Führungskompetenzen im Bereich Kommunikation, Konfliktlösung, Verhandlungsführung und Motivation der Mitarbeitenden verlangt, wird noch sehr stark aufgrund von Ausbildung und Erfahrung befördert und eingestellt. Gerade in Zeiten grösserer Umbrüche (aktuell etwa die digitale Transformation gepaart mit der Corona-Krise) sind diese Kriterien hinsichtlich ihrer Bedeutung genau zu evaluieren. Deshalb sollte man sich vor einer Beförderung die Frage stellen: Welche Skills fehlen uns und dem Führungsteam, um die Herausforderungen, die vor uns liegen, zu meistern?
Ich vermute, in Zukunft brauchen wir mehr Führungskräfte mit Brückenbauer*innen-Qualitäten, die Menschen verbinden können, um Gemeinsamkeiten wachsen zu lassen. Egoistisches Denken hat keine Zukunft. Führungskräfte müssen auch bereit sein, ihr Wissen und ihre Informationen zu teilen und eine Vertrauenskultur aufzubauen.
Seien wir aufmerksam und nehmen wir uns Zeit um die Personen zu befördern und die Führungskräfte zu entwickeln, die fähig sind, die Zukunft zu gestalten.
Der Advance & HSG Gender Intelligence Report 2020 wird an der D&I Week präsentiert. Melden Sie sich kostenlos hier zur Online Session an.
Online Session «Befördern wir die richtigen Personen nach der Corona-Krise?»
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