Wahrscheinlich haben Sie aktuell das Gefühl, dass Sie die Kontrolle über Ihre Mitarbeitenden verloren haben. In dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen. Das ist normal und wird sich mit der Zeit legen. Es kann sein, dass einige Angestellte die Situation am Anfang ausnützen. Aber am Ende muss die Leistung stimmen. Ein «Hängertag» kann gut sein, wenn am nächsten Tag die Motivation dafür wieder hoch ist und die Produktivität dadurch viel grösser. Sie und Ihre Mitarbeitenden werden sich finden. Allenfalls braucht es ein bisschen Zeit. Vielleicht können Sie sich auch mit Führungskräften austauschen, die bereits Erfahrung mit Home-Office haben.

Wichtig ist jetzt, dass Sie Richtlinien fürs Home-Office festlegen. Gehen Sie gemeinsam die Erwartungen mit Ihrem Team durch. Vereinbaren Sie Richtlinien, die für beide Seiten stimmen. Z.B. Sollen Ihre Mitarbeitenden weiterhin zu den Bürozeiten arbeiten oder können sie sich die Zeit frei einteilen? Wann soll wer erreichbar sein? Je nach Grösse des Teams sind festgelegte Videokonferenzen oder Telefonate sinnvoll. Dabei ist es auch wichtig zu klären, ob es der Person gut geht, woran sie aktuell arbeitet, welche Ergebnisse Sie erwarten und ob sie allenfalls noch Kapazitäten hat. Hier können auch Online Tools wie z.B. Trello helfen, wo Sie Tasks für Ihre Mitarbeitenden festlegen können.

Meine Mitarbeitenden können schon länger wählen, ob sie lieber im Büro oder remote (arbeiten mit frei wählbarem Arbeitsplatz) arbeiten möchten. In «normalen» Zeiten gibt es einen Office Day pro Woche, an dem alle physisch anwesend sind und an dem wir uns austauschen. Die restlichen Tage sind sie frei zu arbeiten wann und wo sie wollen – unter Einhaltung des Arbeitsgesetzes. Auf Wunsch einer Mitarbeiterin haben wir nun eine Skype-Pause eingeführt, wo wir uns über allgemeine Themen, die uns beschäftigen, austauschen, analog einer Kaffeepause im Büro. Wer Lust hat, kommt virtuell dazu.

Worüber wir regelmässig stolpern sind die Arbeitstage vs. arbeitsfreien Tage. Da die meisten in meinem Team Teilzeit arbeiten und die Tage nicht festgelegt sind, ist es schwierig zu wissen, wer wann arbeitet. Festgelegte (Halb-)Tage könnten – je nach Team – auch ein Teil der Richtlinien sein. Eine Alternative sind «Reaktionszeiten» oder «Reaktionswege» zu vereinbaren. Wenn ich sehe, dass mich eine Mitarbeiterin anzurufen versucht hat aber weder eine Whatsapp-Nachricht noch eine E-Mail geschickt hat, kann ich davon ausgehen, dass der Rückruf nicht dringend ist oder wird sie es selber nochmals versuchen? Solche Erwartungen müssen explizit geklärt werden, damit keine Missverständnisse entstehen.

Eine solche Form der Zusammenarbeit setzt viel Vertrauen von Ihnen als Führungskraft voraus aber auch, dass Sie Ihre Erwartungen an die Leistung, die Ergebnisse und die Flexibilität klar formulieren. Verschiedene Mitarbeitende brauchen unterschiedlich viel Freiraum und Feedback. Das akzentuiert sich beim Arbeiten im Home-Office. Ein unternehmerisches Mindset, das sich der gegenseitigen Abhängigkeiten im Team bewusst ist, hilft. In der Umstellungsphase ist ein enger Austausch sehr wichtig, bis sich die neuen Prozesse eingespielt haben.

Wenn wir nun die Glaskugel drehen und in die Zukunft schauen, hoffe ich, dass wir auch positive Aspekte aus dieser Krise herausziehen können. Viele Führungskräfte haben sich bisher gegen Home-Office gewehrt. Vielleicht werden sie in den kommenden Wochen positive Erfahrungen damit sammeln und diese Möglichkeit auch weiter anbieten. Führung von Mitarbeitenden im Home-Office ist in jedem Fall anspruchsvoller: Sie bring uns zum Kern von Führung – caring for your people!

Mehr zu neuen Arbeitsmodellen: Competence Centre for Diversity & Inclusion 

Über die Autorin / den Autor

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Prof. Dr. Gudrun Sander Director Competence Centre for Diversity and Inclusion

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