Anwältinnen nehmen in der Branche eine immer grössere Rolle ein. Doch unbewusste Voreingenommenheit (unconscious bias), traditionelle gesellschaftliche Rollenvorstellungen und ein Mangel an Flexibilität führen dazu, dass den Anwaltskanzleien auf dem Weg zur Partnerstufe ein grosser Pool an weiblichem Talent verloren geht (vgl. Handelszeitung vom 11. März 2021, S. 17). Doch wie steht es damit in den grössten Schweizer Anwaltskanzleien?  Hierfür wurden die anfangs 2021 auf den Webseiten der Anwaltskanzleien verfügbaren Zahlen analysiert (vgl. hierzu meinen Beitrag zu den grössten Schweizer Anwaltskanzleien).

Tabelle 2

Bei der angestellten juristischen Belegschaft ist der Frauenanteil hoch. Insgesamt waren im Januar 2021 in den grössten 15 Schweizer Anwaltskanzleien 513 (48.1%) der 1067 Anwältinnen, die nicht Partnerin oder Of-Counsel sind (Counsel, Managing Associates, Senior Associates und Associates), weiblich. In fünf der fünfzehn grössten Kanzleien betrug der Anteil angestellter Anwältinnen über 50%, bei CMS von Erlach Poncet waren es sogar knapp über 60%. Am wenigsten Anwältinnen arbeiten bei Homburger. Dort vertraten Frauen im Januar 2021 lediglich rund ein Drittel der angestellten juristischen Belegschaft.

Leider ist innerhalb des Segments der angestellten juristischen Belegschaft ein Trend erkennbar. Die aufgeführten Kanzleien beschäftigten im Januar 2021 zusammen 755 Juristinnen und Juristen, die sie als Associates bezeichnen. Davon waren 376 (49.8%) weiblich. Sieben Kanzleien beschäftigen gemeinsam zudem 182 Senior oder Managing Associates, wovon wiederum 88 (48.4%) weiblich sind. Wesentlich grösser ist der Unterschied jedoch auf der nächsten Stufe. Zusammen beschäftigten dieselben Kanzleien 130 Counsel, wovon jedoch lediglich noch 49 (37.7%) und damit ein wenig über einem Drittel, Frauen sind.

Noch viel stärker ersichtlich wird der Geschlechtergraben in der Partnerschaft. Auf Partnerstufe stehen 546 Partnern lediglich 86 Partnerinnen (13.6%) gegenüber. Dabei ist interessant, wie gross die Unterschiede zwischen den einzelnen Kanzleien sind. Wie der Tabelle zu entnehmen ist, ist der Anteil Partnerinnen bei Lalive mit 30.4% am höchsten, gefolgt von Meyerlustenberger Lachenal (21.6%), Bär & Karrer (20.4%) und Schellenberg Wittmer (18.2%). Am schwächsten vertreten sind Frauen in den Partnerschaften von Vischer (5.6%), Baker McKenzie (5.9%), Lenz & Staehelin (8.9%) und Wenger & Vieli (9.1%).

Einen kleinen Lichtblick gibt es: Im Vergleich zu einer Erhebung vom November 2019 weisen heute fast alle Kanzleien höhere Frauenquoten in den Partnerschaften auf. Besonders stark zugenommen hat der Anteil bei Walder Wyss, wo die Partnerschaft zwischen November 2019 und Januar 2021 um insgesamt zehn Mitglieder gewachsen ist – darunter sieben Frauen. Dieser Trend macht Hoffnung. Allerdings sind die Quoten durchs Band noch immer viel zu tief, obwohl der weibliche Nachwuchs da ist. Und solange kein Umdenken in der Branche (und bei der Klientschaft!) stattfindet, wird auch weiterhin sehr viel Talent verloren gehen, bis Frauen in den Partnerschaften der grössten Schweizer Anwaltskanzleien anteilsmässig vertreten sein werden.

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Dario Ramon Buschor

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