Der Wiedereinstieg gelingt aber vielen Frauen nicht so schnell oder einfach, wie sie erwartet haben. Die Gründe dafür sind vielfältig. In manchen Branchen mangelt es an ausgeschriebenen Teilzeitstellen für gut qualifizierte Arbeitskräfte. Oft bleibt einer Frau nichts anders übrig, als sich mit einer Stelle ausserhalb ihres erlernten Berufes oder unter ihren Qualifikationen zu begnügen. Falls die Kinderbetreuung nicht innerhalb der Familie oder im Freundeskreis abgedeckt werden kann, stellt sich oft die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, auswärts zu arbeiten. In anderen Fällen will der Wiedereinstieg trotz vielen Bewerbungen einfach nicht gelingen. Viele Frauen beginnen an sich selbst zu zweifeln und fragen sich, wie sie mit der Lücke im Lebenslauf umgehen sollen und ob sie mit dem Stempel „Hausfrau“ und den damit verbundenen Vorurteilen überhaupt noch echte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Demgegenüber lesen wir immer wieder in der Presse von den verschiedenen Herausforderungen, die der Arbeitsmarkt Schweiz zu bewältigen hat: der grosse Fachkräftemangel in vielen Branchen, der digitale Wandel, eine alternde Bevölkerung und die wachsende Anforderung nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um nur einige zu nennen. Unternehmen sind zunehmend gefordert, genügend qualifizierte Arbeitskräfte zu rekrutieren und zu behalten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Aus betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht macht es Sinn, den Bedarf an guten Fachkräften nicht nur durch Migration sondern auch durch eine bessere Ausschöpfung des inländischen Potenzials abzudecken. Hier gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Einer davon ist die stärkere Integration der weiblichen Fachkräfte in den Schweizer Arbeitsmarkt.

Wenn gut ausgebildete Frauen nach einer längeren Pause nicht in ihren erlernten Beruf zurückkehren, ist dies nicht nur ökonomisch, sondern auch gesellschaftspolitisch zu hinterfragen.

Einerseits gehen unserer Gesellschaft dadurch wertvolle Ressourcen verloren. Andererseits bedeutet das aber auch, dass diese Frauen keine Karriereentwicklung mehr erfahren und im Alter schlechter gestellt sein werden, weil sie sich keine oder eine nur unzureichende Rente aufbauen können.

Bei diesen Herausforderungen sind alle Stakeholders gefordert. Die Politik steht in der Verantwortung, gute Rahmenbedingungen für grössere berufliche Flexibilität zu schaffen, z.B. durch die Förderung von Weiterbildung und den Ausbau von bezahlbaren Kinderbetreuungsplätzen. Unternehmen können viel bewirken, indem sie flexible Arbeitsmodelle und Teilzeitmöglichkeiten für Männer und Frauen auf allen Hierarchiestufen einführen und konkrete Wiedereinstiegsmöglichkeiten anbieten. Bei der Rekrutierung kann ein persönliches Reflektieren über geschlechtsbezogene Rollenerwartungen und mögliche unbewusste Vorurteile gegenüber weiblichen Kandidatinnen mit Kindern ebenfalls helfen.

Auch Frauen und ihre Partner können ihren Beitrag leisten, zum Beispiel indem sie sich partnerschaftlich um eine Aufteilung der Arbeits- und Familienverpflichtungen bemühen, die für alle tragbar ist. Frauen sollten sich auch über die Konsequenzen des Wiedereinstiegs im Klaren sein und sich gut darauf vorbereiten. Wichtig ist, während der beruflichen Auszeit weiter in die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu investieren, z.B. durch ehrenamtliche Tätigkeiten, persönliche Weiterbildung, Teilnahme an professionellen Netzwerken und das Lesen von berufsrelevanten Medien. So kann man erlernte Fähigkeiten aufrechterhalten, fachliche Entwicklungen mitverfolgen und das berufliche Selbstvertrauen während der Auszeit stärken. Denn in der Praxis zeigt sich oft, dass mangelndes Selbstbewusstsein und eine falsche Einschätzung der Fachkompetenz zwei der grössten Hindernisse im Wiedereingliederungsprozess sind.

Über die Autorin / den Autor

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Melissa Zaugg-Reynolds Senior Programme Manager Diversity & Leadership Programmes

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